Bornemann: Plattdeutsche Gedichte/Der Schneider als Scharfrichter
[033]
Will moal von en Schnieder-G'sellen
En gefährlich Stück vertellen:
Schnieders könn' keen Bloot nich sehn? —
Köppe leng'n se vör de Been.
De Gesell dacht: — Noadel, Scheere,
Dät gift alles keene Ehre,
Scharprichter: — dät is en Mann,
De Respekt sick moaken kann.
Schlog den Kopp nu män so runner —
Alle Schnieders krieschten: — Wunner!
De Erschloan was — sach so goar
Ok mit to — t'is wißlich woahr.
De Geselle was en Keerdel
Draller as en Plummoos-Queerdel,
Un Scharprichters Dochterkind,
Was in äm vernarrt ganz blind.
[034] Richter-Scharp — woll to dät Brüden
Ehr sien Joawoort nich beschieden,
Erst soll de Geselle goahn
Un en Hals herunner schloan.
Freedlich kam en Mann getoagen,
Sachen öäber Land to droagen,
Kümmt en Stroatenröber an,
Öäberfällt den armen Mann.
Schlog äm grimmig vör den Schnörgel,
Schneet äm dörch de ganze Görgel;
„Du sast mie woll doot hier sin!“ —
Nam dät Geld — un leep Busch in.
Un dät Wörgen hät en Möller,
Angesehn von sienen Söller:
Spannte Päer un Woagen an,
Bracht to Stadt den doodgen Mann.
Un de Mann erhoalt sick wädder;
Kennt den Röber; schrewf en nädder;
Word in Ketten bald gelegt:
Was den Röber goar nich recht.
[035]Doch de Dokters — sehr geschikket
Hem se glücklich utgeflikket
Hals un Bräm den armen Mann,
Dät he wädder leben kann.
Un dät Urtel word gesproaken
Öäbern Kopp de Staff äm broaken:
Denn de Röber mußt gestoahn,
Dät sien Will was — doottoschloan.
Wat hät nu Scharprichters Mäken
Den Gesell'n de Bakken sträken,
Dät he jo mit enen Schlump
Säbelte den Kopp vom Rump.
Schnieders — mit un oahne Höcker
Kroopen rut ut äre Löcker,
Flizten noah den Richtplatz hen,
Woaren knapp to bändigen.
Un de Mann, de dootgeschloagen —
Jizt geflickt an Kopp un Kroagen,
Was ganz lustig ok doabie —
Vör sön Glück bedank ick mie.
[036]Was gewaltiglich Getöbe!
Un de Kopp — flog as 'ne Röbe:
Un de Schnieders — hem juchheit!
Un dät Bruutpoar — hät sick freit.