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Abend vereint uns dann hier beim Lampenschimmer. Um die Leute da draußen und den Klüngel unserer sogenannten Gesellschaft bekümmern wir uns so wenig wie möglich, wir haben an uns selbst genug.“

Hier gelang es Emmi, sich loszumachen; man hörte sie draußen eine Tür zuschlagen. Ein um so zärtlicheres Bild boten Diederich und Magda, wie sie sich am mild beglänzten Tisch niederließen. Herr Kienast sah nachdenklich den Punsch kommen, den Frau Heßling in mächtiger Bowle still lächelnd hereintrug. Indes Magda dem Gast das Glas füllte, setzte Diederich auseinander, daß er dank dieser Beschränkung auf die stille Häuslichkeit imstande sein werde, seine Schwestern einmal gut zu verheiraten. „Denn der Aufschwung des Geschäftes kommt den Mädchen zugut, die Fabrik gehört ihnen mit, ganz abgesehen von der baren Mitgift; na, und wenn dann einer meiner künftigen Schwäger auch noch sein Kapital in den Betrieb stecken will —“

Aber Magda, die Herrn Kienasts Miene besorgt werden sah, lenkte ab. Sie fragte ihn nach seiner eigenen Familie und ob er denn ganz allein sei. Da bekam er gerührte Augen und rückte näher. Diederich saß dabei, trank und drehte die Daumen. Mehrmals versuchte er noch teilzunehmen an dem Gespräch der beiden, die sich ganz allein zu fühlen schienen. „Na, dann haben Sie also glücklich Ihren Einjährigen gemacht“, sagte er gönnerhaft und wunderte sich dabei über die Zeichen, die Frau Heßling hinter dem Rücken der anderen ihm gab. Erst als sie sich aus der Tür schlich, begriff er, nahm sein Punschglas und ging in das dunkle Nebenzimmer zum Klavier. Er tastete ein wenig darauf umher, geriet unversehens in die Burschenlieder und sang dröhnend mit: „Sie wissen den Teufel, was Freiheit heißt.“ Als er fertig war, horchte er

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