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das kannte Diederich von seinen eigenen Leuten her; und der Ermordete sollte arbeiterfreundlich gewesen sein, aber das kannte Diederich an sich selbst. Tage- und wochenlang öffnete er keine Tür ohne Bangen vor einem dahinter schon gezückten Messer. Sein Bureau erhielt Selbstschüsse, und gemeinsam mit Guste kroch er jeden Abend durch das Schlafzimmer und suchte. Seine Telegramme an den Kaiser, mochten sie von der Stadtverordnetenversammlung ausgehen, vom Vorstand der „Partei des Kaisers“, vom Unternehmerverband oder vom Kriegerverein: die Telegramme, mit denen Diederich den Allerhöchsten Herrn überschüttete, schrien nach Hilfe gegen die von den Sozialisten angefachte Revolutionsbewegung, der wieder ein Opfer mehr erlegen war; nach Befreiung von dieser Pest, nach schleunigen gesetzlichen Maßnahmen, militärischem Schutz der Autorität und des Eigentums, nach Zuchthausstrafen für Streikende, die jemand abhielten zu arbeiten … Die „Netziger Zeitung“, die alles dies pünktlich wiedergab, vergaß aber keinesfalls hinzuzufügen, wie sehr gerade Herr Generaldirektor Doktor Heßling sich verdient mache um den sozialen Frieden und die Arbeiterfürsorge. Jedes von Diederich neuerbaute Arbeiterhaus führte Nothgroschen stark geschmeichelt im Bilde vor und schrieb dazu einen hochgestimmten Artikel. Mochten gewisse andere Arbeitgeber, deren Einfluß in Netzig glücklicherweise nicht mehr in Frage kam, unter ihren Angestellten subversive Tendenzen schüren, indem sie sie am Gewinn beteiligten. Die von Herrn Generaldirektor Doktor Heßling vertretenen Grundsätze zeitigten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer das denkbar beste Verhältnis, wie Seine Majestät der Kaiser es überall in der deutschen Industrie zu sehen wünschten. Ein kräf-

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