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unter dem Hut hervorquoll, noch dicker als früher, weil ihr Gesicht so klein geworden war. Dabei erinnerte er sich seiner Demütigungen von damals und wie anders die Dinge jetzt lagen. Herausfordernd sagte er:

„Wie geht es denn Herrn Mahlmann?“

Agnes bekam eine wegwerfende Miene.

„Denken Sie an den noch? Wenn ich den mal wiedersähe, wär’s mir gleich.“

„So? Aber er hat ein Patentbureau und könnte ganz gut heiraten.“

„Wennschon.“

„Früher interessierten Sie sich doch für ihn.“

„Woraus schließen Sie das?“

„Er schenkte Ihnen immer etwas.“

„Ich hätte es lieber nicht angenommen; aber dann —“ sie sah auf den Weg, auf das nasse Laub vom Vorjahr, „dann hätte ich auch Ihre Geschenke nicht annehmen dürfen.“

Darauf schwieg sie erschrocken. Diederich fühlte, daß etwas Schweres geschehen war, und schwieg auch.

„Das war doch nicht der Rede wert,“ stieß er endlich heraus, „ein paar Blumen.“ Und mit wiedergekehrter Entrüstung: „Mahlmann hat Ihnen sogar ein Armband geschenkt.“

„Ich trage es niemals“, sagte Agnes. Er hatte auf einmal Herzklopfen, er brachte hervor: „Und wenn es von mir gewesen wäre?“

Stille; er hielt den Atem an. Ganz leise kam es von ihr her:

„Dann ja.“

Darauf gingen sie plötzlich rascher und ohne mehr zu sprechen. Sie kamen vor das Brandenburger Tor, sahen die Linden bedrohlich von Polizei erfüllt, eilten vorbei und

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