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Waisen und Bedrückten, der Darbenden und Hilflosen … Speiserin und Stillerin der Hungernden und Dürsten den, Schwester der Siechen…“

Er nannte alle Zustände des menschlichen Elends, die ihm einfielen, und alle evangelischen Tugenden, zu denen sie Gelegenheit gaben. Seine Finger mit quadratischen Nägeln hoben und senkten sich nachzählend auf seinem schwarzen Gewande. Endlich hat er seine Gefühle genügend aufgemuntert, um auszurufen:

„Am Krankenbett der Menschheit stehen Sie, Frau Herzogin, als dienende Magd, in der Glorie christlicher Demut!“

Sie fand sich angewidert:

„Ich bin weniger demütig als Sie glauben. Auch handle ich ohne Vorschrift, also unfromm.“

Er sah sie an, mit offenem Munde und stockendem Verständnis. Doch faßte er sich gleich.

„Daher Ihre Prüfungen!“ erklärte er triumphierend.

„Sie thun viel Lobenswertes, ich leugne es nicht. Aber Sie thun es ohne den rechten Glauben. Und Gott sieht auf das Herz allein. Erkennen Sie dies, so lange es noch Zeit ist!“

Staunend horte sie ihn in einen barschen, landläufigen Predigerton verfallen.

„Er ist ein Bauer,“ bemerkte sie im stillen. „Man kratze den Prälaten, und zum Vorschein kommt ein Landpfarrer.“

„Noch hat er Sie nicht verworfen, denn er ist

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