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er und wiegte den Kopf, „so ist er doch ein mutiger Mann. Wie wollen Sie das leugnen? Er hat uns nicht gefürchtet, sogar Sie nicht, Herr Advokat, und er war allein: sein Kaplan sammelt Pflanzen.“

„Wollte Gott, er täte dasselbe, mein Herr.“

„Er baut keine Waschhäuser, sondern vertritt das Interesse der Religion.“

„Und er hängt sie als Mantel um den Klassenhaß.“

„Hängen nicht wir ihm den der Freiheit um?“

„Ah!“ — und der Advokat warf sich umher; „ich habe in diesem Augenblick nicht Zeit, mit Ihnen zu philosophieren, Herr Camuzzi: die Stadt erwartet, daß ich handle!“

Er trieb alle aus dem Café.

„Halt! Wohin?“ — und er packte Nello Gennari, der durch eine Lücke in der Menge entwischen wollte; am Rande des Gäßchens gegenüber dem Rathaus hatte er Alba erblickt.

„Eine wichtige Angelegenheit“, sagte er fieberhaft und wand sich in den Armen des Advokaten.

Alba konnte nicht weiter; vom Balkon am zweiten Stock des Rathauses fiel ein Blick auf sie, der ihr den Mut, den Fuß zu heben, nahm, den Mut, zu atmen. „Nie habe ich in solche Augen gesehen! Nello!“ Sie rief den Geliebten an, sie nahm ihre ganze Liebe zusammen: umsonst; der Haß dort oben war ungeheurer als ihre Liebe; die Angst überwältigte sie, in seinem Dunstkreis zu erlahmen und unterzugehn; sie floh zurück in die Gasse.

„Es gibt keine wichtigen Angelegenheiten,“ sagte der Advokat, „außer dem Kampf um die Freiheit; — und wer, mein junger Freund,“ er lächelte verständnisvoll, „wäre mehr als wir beide interessiert an der Freiheit unter dem Schutze der Venus.“

Der Bariton Gaddi trat mit Wucht heran.

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