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ist aus, Sie sollen nicht triumphieren. Sie sind böse, ich hasse Sie!“

Auf dem ersten Flur blieb sie atemlos stehen. Seine Fäuste mit heftig geröteten Knöcheln hieben nach jedem Wort in die Luft, im verhärteten Gesicht hatte er Augen wie Stahl. Sie sah sich hastig um, sie wich gegen die Mauer zurück. Plötzlich lag er auf den Knien.

„Ich habe Ihnen Furcht gemacht! Nie, solange ich lebe, werde ich mir das verzeihen.“

Er stöhnte wild auf:

„Nun muß ich freilich gehen.“

Sie sah ihn noch aufstehen und, beide Hände vor den Augen, die Stirn auf die Wand senken. Schon war sie oben, riß die Tür ihres Zimmers zu, verriegelte sie und brach in Lachen aus. Wie sie im Spiegel ihr verzerrtes Gesicht sah, drückte sie das Tuch vor den Mund. Da hörte sie eine heftige Flüsterstimme. „Das darf Sie nicht wundern, Maestro, denn sie liebt einen anderen.“

Flora Garlinda spähte durch den Fensterladen. Drunten zog der Barbier Nonoggi den Kapellmeister auf die andere Seite und stellte die Hand an den Mund.

„Den Schneider liebt sie, bei dem sie wohnt, und er betrügt seine Frau mit ihr, die arme Unglückliche. Wißt Ihr nicht mehr, wie Euch der Schneider verleumdet hat? Er hält sich für einen größeren Künstler, als Ihr seid, und am Sonntag macht er draußen in den Schenken seine elende Musik, die die Bauern nicht hören wollen, weil sie die meine kennen…“

Der Kapellmeister riß sich los.

„Ah! Verräterin,“ — und er warf sich ins Haustor. Flora Garlinda sprang vom Fenster zurück, sie drehte in allen Türen die Schlüssel um, stand und hielt den Atem an.

„Uff! Nein, er wagt nichts.“

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