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sich und sein Gefühl dürfe er eine weite, ehrfurchtsvolle Stille verlangen. Mochten sie sich gegenseitig totschlagen!

„Der Priester hat recht!“ rief er mit böser, heller Stimme. „Überhaupt müssen wir Religion haben.“

Der Advokat beachtete ihn nicht. Er sah auf einmal siegesgewiß aus.

„Wollt ihr Logik? Ihr sollt sie haben. Ah! ihr sollt sie haben.“

Mit dem Finger an der Nase:

„Der Eimer hängt im Turm: gut, aber er hängt. Den Boden berührt er nicht, und das Seil, das ihn mit der Decke verbindet, ist städtisch: ich weiß es, denn ich selbst habe es beim Seiler Fierabelli gekauft, weil mir das alte nicht mehr sicher genug schien. Nun wohl! Weder oben, noch unten, noch ringsherum stößt der Eimer auf kirchliches Gebiet, und wer wollte behaupten, die Luft, in der er hängt, gehöre der Kirche?“

„Das bleibt unentschieden“, sagte Camuzzi, und Nello unterstützte ihn.

„Sie werden mich nicht beirren. Die Luft ist frei. Aus der Luft über Ihrem Weingarten darf ich so viele Vögel schießen, als ich will, vorausgesetzt, daß ich Ihren Acker nicht zerstampfe.“

Der Advokat führte seinen Vermouth an den Mund und betrachtete dabei, genußsüchtig blinzelnd, die geschlagene Miene seines Gegners. Sein Sieg hatte ihn beruhigt.

„Setzt die Füße auf die Leisten eurer Stühle, ihr Herren!“ sagte er jovial. „So entgeht ihr unseren Flöhen. Ah! an solch einem schönen Morgen hat man einen guten Kopf, und es ist eine wahre Lust, sich unter Männern über dies und das zu unterhalten. Die Weiber taugen dafür nicht.“

Indessen verbeugten sich alle vor Mama Paradisi, die eins

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