„Was denn“, machte der Advokat. „Wir leben doch alle hier, und es tut uns nichts. Es ist ein Mädchen, das seit neun Jahren, ohne krank zu sein, das Haus nicht verläßt und dennoch alles weiß, was geschehen ist, und zuweilen auch, was noch nicht geschehen ist…“
„Man muß zugeben,“ — und der Gemeindesekretär lächelte spöttisch, „daß es ein wenig unheimlich sein mag, wenn man es noch nicht gewohnt ist.“
„Ich will fort.“
Italia stieß ihren Stuhl zurück. Der Advokat packte sie an und drückte sie auf den Sitz.
„Sie, eine Künstlerin, wollten fliehen vor einer einfachen Erscheinung der menschlichen Natur?“
„Nun, einfach —“ meinte der Sekretär. Italia sah, umklammert vom Advokaten, nach Hilfe umher.
„Darum bin ich beleidigt worden“, begann wieder der alte Giordano. „Ich, der seit fünfzig Jahren —“
„Hat darum jene Dame vor mir ausgespien?“ fragte Italia erleuchtet.
„Aber die Wissenschaft —“ hob der Advokat an.
„Wer ist also noch sicher!“ rief Nello Gennari, sprang auf und machte, die Arme verschränkt, eine stürmische Runde um den Tisch. „Sie weiß,“ dachte er in plötzlichem Erkennen, „wo ich die Nacht war und daß ich Alba liebe! Ich wollte eher tot sein, als ein menschliches Wesen im Besitz meines Geheimnisses sehen. Sie aber hat es: schon gestern wußte sie den Namen! — und kann mich verraten. Ich lebe von ihrer Gnade, wie ist das zu ertragen!“ Er setzte sich wieder und nahm die Stirn in die Hände.
„Die Wissenschaft wird —“ sagte der Advokat. Der alte Giordano hob plötzlich die Arme und riß die Luft in seinen offenen Mund hinein.