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„Aber solange ich Dirigent bin,“ rief er den anderen zu, „darf ich vielleicht verlangen, daß wir wiederholen, bis ich mich für befriedigt erkläre?“

Man beeilte sich, es ihm zuzugeben. Der Advokat verwahrte sich.

„Nie, Maestro, habe ich an Ihrem großen Talent gezweifelt.“

„Dann also, Cavaliere,“ rief der Kapellmeister, „noch einmal von vorn, bitte: ,Seid fruchtbar, meine Kinder . . .‘“

Der alte Tenor stellte sich wütend auf und begann, hohle, zitternde Töne von sich zu geben.

„Seid fruchtbar, meine Kinder! Das Feld, das meine Väter bebaut haben, auch meine Enkel sollen es bebauen.“

„Hören Sie ihn etwa?“ — und der Kapellmeister warf sich, die Stirn trocknend, auf seinem Sitz umher. „Und dies ist nur ein Klavier! Was wird das Orchester von seiner Stimme übriglassen?“

Das Gesicht des Alten war von Entrüstung so sehr verzerrt, als sollte es weinen. Sein Kiefer arbeitete an Worten, die nicht kamen.

„Ich habe doch alles verstanden“, versicherte Italia Molesin mitleidig und sah Flora Garlinda an, die schwieg und beobachtete. Der Bariton stellte fest:

„Ich als Regisseur finde den Cavaliere ganz auf seiner alten Höhe.“

„Wie sollte nicht ein so berühmter Künstler —“ sagte der Advokat mit Nachdruck. Der Kapellmeister hielt sich plötzlich mit beiden Händen den Kopf.

„Wenn man den Advokaten nicht zum Schweigen bringt, stehe ich für nichts! Ich stehe für nichts!“

Der Advokat wich zurück. Der Kapellmeister legte die Hände wieder auf die Tasten.

„Fräulein Flora Garlinda!“

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