Er begann eine Ode „An die Reue“ vorzutragen. Sie bemerkte:
„Es erinnert an Schiller.“
„Soll es auch,“ erklärte Andreas.
Sie lauschte. Aber allmählich ward das Wogen ihrer Brust angstvoller, und sie seufzte.
„O, du machst mich ganz traurig!“
Die hehren Klänge seiner neuesten Poesie hatten ihr Herz erschüttert. Sie kniete, den Kopf in die Kissen vergraben, so daß ihre Hüften unter der Decke berghoch aufragten, und sie schluchzte krampfhaft. Er bemühte sich, die Magdalena trösten; ihre Buße, die ein Werk seines Dichterwortes war, rührte ihn.
„Adelheid, wir lieben uns doch!“ sagte er.
„Unsere Liebe ist Sünde!“ stöhnte sie, von Thränen erstickt.
Die Stimmung überwältigte ihn, ihre Neue teilte sich auch ihm mit. Er vergaß Ratibohr und die lange Reihe ehemaliger Liebhaber, die er sich sonst im Schatten von Frau Türkheimers Vergangenheit vorgestellt hatte. Nur seinetwegen war sie vom rechten Weg abgewichen, und in diesem schmeichelhaften Bewußtsein weinte er mit der Geliebten. Die Schauer ihres sittlichen Pathos waren bestimmt, in einer neuen Umarmung auszuzittern.
Adelheid verspürte sodann Appetit auf eine Cigarette, und nach allen ihren Herzensergießungen in Schweigen versunken, rauchten sie, auf dem Rücken liegend, mit dem Blick an der Decke.
Eine Uhr schlug halb sechs. Adelheid sprang auf.