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ging. Früher, im schönsten Augenblick ihrer Jugend als sie noch keusch war, — das war etwas anderes.“

Nino, der Knabe, fiel ihr ein, und sie mußte im stillen fortfahren:

„Als Sie, mein Lieber, noch aussahen wie Nino.“ Ihr Gedanke machte sie unzufrieden; sie sprach weiter, herbe und offen:

„Natürlich wußte ich es, daß Sie mich lieben, — seit sieben Jahren schon wußte ich es. Ihre Verteidigung hat mich damals keineswegs beruhigt. Ich habe Ihnen erlaubt, in meiner Nähe zu bleiben, weil ich Sie gebrauchte, weil ich meiner selbst versichert war und Sie für gerade so vernünftig hielt, wie mich. Niemand kennt befser als Sie die ganze kunstreiche Weihe, deren ich zu meinem Glücke bedarf. Sie haben mich ja selber unter der Gestalt einer reifen und ruhigen Pallas an eine Saaldecke versetzt, noch bevor ich darauf ein Anrecht hatte. Jetzt, fagen Sie, habe ich die Göttin in Wirklichkeit eingeholt … Und jetzt werden Sie mich doch nicht wieder anders sehen wollen? … Als Venus gar?“ fragte sie, gelassen lächelnd.

„Als Venus gar …“ wiederholte er lautlos. Plötzlich schoß ihm eine Blutwelle in die Stirn. Er verbarg seine Röte im Rücken des kleinen Mädchens. Er umschlang sie von hinten und führte sie langsam durch den ganzen Raum bis vor eine gewölbte Truhe. Er öffnete die kleine Schatulle aus Elfenbein und Kupfer, die darauf stand, und senkte die schwachen Hände seines Kindes hinein. Es hob* sie, ernsthaft

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