Page:H.M. Professor Unrat.djvu/149

This page has been proofread.

Mensch also nun erkühnt sich, den Mund zu öffnen? Derselbe Meyer, der mit neunzehn Jahren das Ziel der Klasse noch nicht erreicht hatte und endlich sich genötigt sah, dreijährig zu dienen!“

Die Künstlerin Fröhlich verbarg unter einem Lächeln ihre Verlegenheit darüber, daß ihr der untergeordnete Meyer nicht mißfiel. Sie wünschte sich, er möge ihr mißfallen. Sie war gelehrig von Natur und empfänglich dafür, daß ein Mann vom geistigen Stande Unrats sie erzieherischer Eingriffe würdigte. Es geschah ihr zum erstenmal. Der dicken Frau, die noch ein Wort zugunsten Meyers versuchte, fuhr sie aufgebracht über den Mund.

Andere Male kitzelte sie Unrat mit Blumen unter der Nase.

„Die angefressene Rose ist von dem kleinen Dicken da gleich hinterm Klavier.“

„Kindchen,“ versetzte die Frau, „das is ja der Zigarrenfritze vom Markt. ’n feiner Mann. Kiepert käuft bei ihm. ’n großartiges Geschäft.“

„Was sagt Unrat nu?“ fragte die Künstlerin Fröhlich.

Unrat sagte, dieser Schüler sei einer der Schlimmsten gewesen, und als Geschäftsmann könne er auch nicht viel taugen; denn er stelle ihm keine Rechnung aus, ohne seinen Namen das erste Mal mit einem falschen Buchstaben anzufangen. Die Frau meinte, das machte nichts. Unrat log, der Mann gelte für geschäftlich unsicher. Die Künstlerin Fröhlich, die ihn Feuer spritzen sah, drehte sich in den Hüften und roch an der angefressenen Rose.

141