meinte dagegen Frau Jean Guignol. Lady Olympia behauptete:
„Sie genießt unbesorgt, — und sie verdankt es mir.“
„Möglichenfalls. Auch spielt sie hier wirklich nicht mehr Komödie als überall in ihrem ganzen Leben. Sie möchte jetzt erfahren, was man fühlt, wenn man — Laster hat.“
„Principessa, Sie sind eine Christin,“ bemerkte Siebelind.
„Wieso?“ fragt Vinon, ehrlich erstaunt. Er hob die Achseln und hielt eines seiner qualvollen Selbst gespräche.
„Laster! Das Unerträgliche ist, daß es für jene Frau kein Laster giebt. Ihr fehlt der Begriff. Sie heißt zum voraus alles gut, was aus ihr herauswill. Sie glaubt an sich! Wie viele sind schon an ihr gestorben, klein oder zu Verrätern geworden: jene Pavic, Della Pergola, tausend Opfer ihrer idealistischen Umtriebe, zuletzt Jakobus, und ich glaube bald auch dieser Jean Guignol. Wie viel hat sie selbst gelitten: wenn ein Traum ihr entglitt, eine neue Sehnsucht sie umherwarf. Ich sah ihr zu in Venedig, und empfand dabei keine Genugthuung. Denn auch das Leiden ruft sie, und empfangt es gern. Freiheitssucht! Kunstfieber! Sie stak tief im Zweiten, da sagte ich ihr das furchtbare Dritte voraus: Liebeswut! Aber alles ist ihr recht, was hohes Lebensgefühl schafft. Alles ist ihr Spiel, zum Zwecke einer schönen Geste und eines starken Schauers. Kein Rausch raubt sie für immer,