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wieder. Man lebt gar nicht mehr. Wir alle sind heruntergekommen, blasiert und dekadent, — aus zweiter Hand ist alles. Man sieht sich immer im Spiegel. Blödsinnige Sprüche giebt man auch zu viele von sich, ich weiß wohl — und bildet sich noch etwas darauf ein, daß man so krank ist.“

„So krank?“

Sie war erschrocken. Sie fragte:

„Und deine Mama, wie geht es ihr?“

„O, ausgezeichnet.“

Sie schwieg; sie wußte, Gina schloß sich auf ihrer Besitzung bei Ancona ein, damit der Sohn sie nicht sterben sähe.

„Meine nächste Lebensperiode,“ so träumte Nino, „möchte ich in Paris verbringen, — oder ich studiere die amerikanische Freiheit, für unsere reformatorischen Zwecke.“

„Aber du wolltest malen!“

„Voriges Jahr — ja. Da aber machten wir, meine ganze Klasse eine Ferienfahrt nach Florenz. Ich sah die Uffizien: Yolla, das Herz füllte sich mir ganz mit Gram. Ich habe mich ein- für allemal entschlossen, nie, nie zu malen. Es giebt nirgends mehr etwas zu thun, alles ist schon geschehen.“

„Es ist seltsam, mir ahnte ganz dasselbe, schon als Kind, in meinem einsamen Garten. Draußen hatten die Türken gehaust; auch gab es keine Assy mehr. Trotzdem habe ich gelebt…“

„Sieh dich nach dem Turm um, Dolla, er liegt schon im Schatten: du weißt doch, die Deinigen haben

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