Page:H.M. Zwischen den Rassen.djvu/516

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ließ es sich öffnen, setzte sich in seinen Stuhl, schlug sein Buch an der Stelle auf, wo er es verlassen hatte, stützte den Kopf, führte ihr entzücktes Lächeln über die Wände, in den Garten und dachte sich daheim. Dann fand sie das Klavier und sang. Auf einmal kam ihr Kraft. Woher? wenn nicht er hinter ihr stand. Auf diesen Tönen stieg sie über sich hinaus … Als sie sich wiederfand, hielt sie ihn in den Armen.

„Wie ist es gekommen? Mir war schwindlich; ich muß mich setzen … Aber du hast geweint?“

„Nie hast du so gesungen. Du bist eine große Künstlerin geworden.“

„Nein; aber ich liebe dich!“

„Weißt du noch deine ehrgeizigen Träume? Jetzt könntest du dich berühmt machen.“

„Nur einer soll mich hören. Wir lieben uns. Was könnte unsere Kunst anderes sein als unsere Verklärung.“

„Ich wußte, daß du kommen würdest! Wie lange, lange haben wir uns nicht gesehen!“

„Endlos lange. Warte: einen Tag erst?“

„Und warum?“ fragte er. „Warum haben wir gestern versäumt?“

„Versäumt? Findest du? Hatten wir nicht genug Glück für einen Tag? Ich war voll davon; es stieg mir jeden Augenblick blendend in Stirn und Augen. Vielleicht mußte ich allein sein? Du hättest mich getötet.“

Sie schwiegen, hielten sich umschlungen und atmeten kaum. Plötzlich:

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