Page:Irische Texte 1.djvu/48

This page has been proofread.
26
I 5 Broccan’s Hymnus.

zu­drücken, gleichsam nur durch Stich­wörter. Wenn man den be­treffen­den Stoff nicht schon anders woher kennt, so sind diese Verse oft ebenso wenig zu verstehen als ein Sanskrit Sûtra ohne Commentar. Ich habe deshalb aus der unter dem Namen des Cogitosus gehenden Vita S. Brigittae (Acta Sanctorum, Febr. 1) die­jenigen Capitel, welche für das Ver­ständniss dieses Hymnus von Wichtig­keit sind, theils voll­ständig, theils mit Weg­lassung un­wesent­licher Sätze mit­getheilt (s. den Anhang hinter dem Texte). Auf­fallend ist, dass die Reihen­folge der Wunder im Hymnus wie in der genannten Vita, dieselbe ist. Diese Ueber­ein­stimmung kann nicht zufällig sein; andere Vitae be­obachten eine andere Anordnung. Ueber Broccan, mit dem Beinamen cloen, sagt die Vorrede weiter nichts aus, als dass Ultan, Abt von Aird­brecan, sein Erzieher (aite) gewesen sei, und dass derselbe ihn zu dem Unter­nehmen ver­anlasst habe, die Wunder der Brigitta in kürzester Fassung und in poeti­scher Form zusammen­zustellen. Nach dem Chron. Scot. starb Ultan im Jahr 653. Andrer­seits aber soll der Hymnus nach der Vorrede unter König Lugaid ent­standen sein, dessen Tod das Chron. Scot. unter dem Jahre 507 berichtet. Keine der beiden Angaben verdient Glauben. Der Verfasser dieses Hymnus ist wahr­schein­lich deshalb in Zusammen­hang mit Ultan gesetzt worden, weil dieser die Wunder der Brigitta zuerst gesammelt haben soll. Die Sprache ist alter­thümlich; besonders beachtens­werth sind die ziemlich zahl­reichen Perfect­formen.

S. Brigit und S. Patrick sind die National­heiligen Irlands. Während aber Patrick nur der christ­lichen Hagio­logie angehört, scheint Brigit zugleich die Erbin einer alten heid­nischen Gottheit zu sein. Ihr Wesen enthält Züge, die mehr als eine heilig ge­sprochene Nonne hinter ihr vermuthen lassen. Ich meine weniger die ihr zuge­schriebe­nen Wunder – obwohl viel­leicht die Art derselben auch nicht be­deutungs­los ist –, als vielmehr den Umstand, dass sie wieder­holt als eine der Mütter Christi (V. 4, 63), dass Christus wieder­holt ihr Sohn genannt wird (V. 83), und dass sie gleich­gestellt wird mit Maria (V. 105). Eine Glosse im Lib. Hymn. fol. 2b (Goid.² p. 63) sagt geradezu: