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VIELFALT DER WIRTSCHAFT - VIELFALT DER SIEDLUNGSFORMEN

Dem Verlauf der Besiedlung ist zu entnehmen, dass nicht nur die Jagd, sondern auch das Weiden von Vieh, der Ackerbau und der Eisenbergbau den Menschen in die Bergwelt geführt haben. Noch heute bildet die Viehzucht, die Haltung von Rindern und Schafen den Grossteil der alpinen Bauernwirtschaft, wofür auch die natürlichen Voraussetzungen gegeben sind: in der Nähe von Dörfern und Siedlungen die Dorfweiden, über den Siedlungen die Hutweiden und noch höher oben die Bergweiden.

Die grosse Bedeutung der Viehzucht in den Alpen kommt auch in der grossen Zahl von Almen zum Ausdruck. Im slowenischen Alpengebiet gab es vor dem zweiten Weltkrieg insgesamt über 530 Almen, die meisten davon in den Julischen Alpen und den Steiner-Sanntaler Alpen, etwas weniger stark vertreten waren sie in den Karawanken. Almen sind in der Bergwelt nicht gleichmässig verteilt, an der Sonnenseite sind sie viel häufiger.

Die Nutzung der Almen wurde auch durch die Siedlungsform beeinflusst. Im Gebiet mit Einödhöfen standen kleine Privatalmen im Vordergrund, im Gebiet mit älteren Dörfern dagegen Gemeinschaftsalmen. Die Almwirtschaft bei solchen Gemeinschaftsalmen wurde von der Weidedorfschaft mit ihren Ausschussmitgliedern und dem Bürgermeister als Vorsitzendem geführt.

Auf die Alm getrieben wurden meist Schafe und Ziegen, seit dem 15. Jahrhundert auch das Rind. Geweidet wurde einige Wochen lang. Wo es in mittlerer Höhe Hutweiden gab, verbrachten die Hirten mit ihrem Vieh vier bis fünf Monate in der Bergwelt, anderswo nur zwei Monate oder noch weniger. Die Hirten lebten in eigens errichteten Hirtenhütten, in Ausnahmefällen - insbesondere in älteren Zeitabschnitten des Mittelalters - auch in Höhlen (Steiner-Sanntaler Alpen).

Die grosse Bedeutung der Bergweide für den Bauern ist schon daraus ersichtlich, dass praktisch das ganze Vieh auf die Alm getrieben wurde (Bohinj). Das Milchvieh wurde zweimal täglich gemolken und die Milch zu Käse, Quark oder Butter verarbeitet. Auf einigen Gemeinschaftsalmen wurde die Milch von spezialisierten Käsern verarbeitet, anderswo von den Hirten, von jedem für sich. Natürlich war der Erlös der Käserei viel grösser, wenn sie gemeinschaftlich betrieben wurde.

Menschen und Vieh benötigen in den Almen Wohnräume: Hütte und Stall. Weil es in den Bergen an Baumaterial, Arbeitskräften und Werkzeug mangelte, wurden die Hütten seit jeher möglichst praktisch und rationell, aber

CEVC: DIE VOLKSKULTUR IN DEN SLOVENISHEN ALPEN
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