stinken wie die Pest. Bei heutigen alltäglichen hygienischen Praxen denkt man weder an die Strategien der Hygienisierung und Desodorisierung noch an die zunehmende Sorge um Hygiene und Gesundheit, die zahlreiche Sanierungs- massnahmen auslöste. Man bedenkt auch nicht, dass der Hygienisierungsprozess Einfluss nahm auf eine neue, modernere Gestaltung des heutigen Lebensraumes. Der Ausbau eines unterirdischen «Kapillarsystems» mit einer zunehmenden Anzahl von Wasserrohren und Kanälen sowie die Einrichtung von Wasser- und Kanalisationsanschlüssen in den Häusern verwandelte sowohl ober- als auch unterirdische Strukturen der Stadt. Neben der Wasserversorgung war auch die Beseitigung von Müll und Abwasser, deren Menge mit wachsender Bevölke- rungszahl immer grösser wurde, ein zentrales Problem der Stadtbehörden. Die Sauberkeit gab den Städten ihr charakteristisches Gepräge, bestimmte ihre Technologien, löste aber stellenweise auch hartnäckige Widerstände gegen das unterirdische «Kapillarsystem» aus. Die Sauberkeit integrierte also die Imagination der Städte, deren Technologie, aber auch deren Widerstand, da die Wohnsiedlungen mit Rohren durchzogen wurden. In den modernen europä- ischen Städten trug die Sauberkeit zur Desodorisierung, zur Beseitigung von unangenehmen Dünsten und zur Vermeidung von übel riechendem Gestank, zu einer Reodorisierung bei.[3]
Diese Massnahmen im Bereich der Stadthygiene hängen eigentlich mit der «Erfindung der urbanen Frage» zusammen. Neue Strategien im Bereich des Gesundheitswesens und der Hygiene forderten nämlich im Zusammenhang mit der städtebaulichen Erschliessung fortan langfristigere Lösungen und hatten nicht mehr nur «einen episodischen Charakter, der ihnen während der grossen Epidemien eigen war».[4]
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts kann man also auch von moderneren Massnahmen und Eingriffen der Gesellschaft in verschiedene Bereiche der Stadthygiene (Trinkwasserversorgung, Entsorgung von Abwässern) sprechen. Die Strassenreinigung, aber auch die Müllabfuhr, übernahm nunmehr die Stadtgemeinde - Aufgaben, die früher den Hausbesitzern oblagen. Mit der «Hygienisierungspolitik» begannen die städtischen Behörden, die Hygieni- sierung durchzuführen. Es wurden verschiedene Neuerungen eingeführt, die Aufsicht über die Bürger verschärft, die Zuwiderhandelnden bestraft. Den- noch trugen die Epidemien am meisten zu Hygienisierung der europäischen Städte bei, vor allem die Cholera, die das grösste Grauen und die meisten Ängste erzeugte. Ausserdem war die Hygienisierung der Städte auch einer
jener Bereiche, wo die Neuerungen, die der Urbanisierungsprozess mit sich