war Wien zwischen 1720 und 1818 auf etwa das Doppelte angewachsen - von etwa 130’000 auf 260’000 Einwohnerinnen,[44] was sich auch in einem Wachstum der Häuserzahlen niederschlug, die Zahl der Rauchfangkehrerstellen blieb aber weiterhin beschränkt. Nachdem bereits 1785 per Hofdekret die Beschränkung der Meisterstellen bei den Rauchfangkehrern aufgehoben worden war, kam es erst in den 1820er-Jahren zu einer verstärkten Vergabe von Personalgewerben. In diesen Jahren eröffneten in Wien fünf neue Rauchfangkehrermeister eine eigene Werkstätte.[45] Nach der Volkszählung von 1869 waren in der Stadt und in den Vorstädten 52 (mit 148 Arbeitskräften), in den Vororten 28 (mit 43 Arbeitskräften) selbständige Rauchfangkehrer tätig.[46]
Bis weit ins 19. Jahrhundert dominierten Zuwanderer aus der Schweiz, aus den italienischsprachigen Alpentälern im Tessin und in Graubünden das Wiener Rauchfangkehrergewerbe. So wurden etwa 30 männliche Mitglieder der Familie Martinola aus Soazza vom späten 17. bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Meister in Wien; in der Familie der Toscano aus Mesocco schafften es 28 bis zur Meisterschaft.[47] Zwischen 1775 und 1860 waren fast ausschliesslich zugewanderte Meister aus Soazza und Roveredo, beides Ortschaften im Kanton Graubünden, Vorstände der Rauchfangkehrerzunft. Das erstrebenswerte Ziel war das Amt des kaiserlichen Hofrauchfangkehrers, das neben den hohen Verdienstmöglichkeiten mit grossem sozialem Prestige verbunden war. Ihm waren alle Gebäude der kaiserlichen Verwaltung anvertraut. Von der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis 1826 bekleideten dieses Amt ausschliesslich Meister, die in Soazza geboren waren.[48] Eine derartige Kontinuität konnte nur durch den eingeschränkten Herkunftsraum des Handwerks ermöglicht werden. Wien als Stadt, in der Familienangehörige, Verwandte oder auch ehemalige Nachbarn einen beachtlichen beruflichen Erfolg verzeichnen konnten, hatte damit eine grosse Anziehungskraft für andere Zuwanderer.
Aus den von den Zünften geführten Handwerksbüchern und verschiedenster anderer Dokumente lassen sich die Herkunftsorte der Lehrlinge, Gesellen und Meister eines Handwerks erschliessen. Auch wenn das Gesellenbuch der Wiener Rauchfangkehrer nicht erhalten ist, lassen die von Else Reketzki rekonstruierten Herkunftsorte einiger Gesellen auf eine dominante Herkunft aus der italienischsprachigen Schweiz schliessen.[49] Mehr als die Hälfte der 58 Gesellen, deren Geburtsorte eruiert werden konnte, stammen aus Schweizer Alpentäler. Nicht alle Migranten haben es tatsächlich geschafft, in Wien Meister zu werden. Dass fast 40 Prozent der selbständigen Meister bereits in Wien geboren waren, liegt vor allem an der Vererbbarkeit der Betriebe. Meist haben die ehemals aus der Schweiz