hatte den gesamten Haushalt zu bewältigen, oft war das neben den normalen Hausarbeiten wie Kochen, Waschen und Putzen auch die Betreuung der Kinder. Die Arbeitsaufteilung unter den Dienstboten in den wohlhabenden Haushalten bedeutete meist eine Arbeitserleichterung. Daher waren solche Stellen besonders begehrt, vor allem die Stellung als Kindermädchen. Eine besondere Herausforderung für die jungen Frauen war das Kochen: Das Essen war für grossbürgerliche Familien Ausdruck ihres Lebensstils, dement- sprechend wichtig war die sorgfältige und raffinierte Zubereitung der verschie- denen Speisen. Gleichzeitig waren die Mädchen mit einer ihnen kaum bekannten Esskultur konfrontiert. Das Erlernen der Zubereitung mediterraner Speisen empfanden die meisten Mädchen als Bereicherung, viele Kochgewohnheiten behielten sie auch nach ihrer Rückkehr nach Südtirol bei. Aber gerade beim Essen offenbarte sich den Mädchen oft die Scheinhaftig- keit und das oberflächliche Repräsentationsbedürfnis des grossbürgerlichen Lebensstils: Während bei Empfängen grosszügig aufgetischt wurde, sparte man oft bei den alltäglichen Mahlzeiten oder geizte beim Essen für das Dienstpersonal.
Die Arbeitsbedingungen
Die Arbeitsbedingungen für die Südtirolerinnen und deren rechtliche Regelung
waren ebenso prekär wie die ihrer italienischsprachigen Arbeitskolleginnen.
Bis in die 1950er-Jahre gab es so gut wie keine Kranken- und Sozialversicherung für Dienstboten.[12] Weit entfernt vom Heimatort und von der eigenen
Familie bedeutete jede Erkrankung, jede Einschränkung durch eine körperliche
Verletzung oder eine ungewollte Schwangerschaft vollkommene Abhängigkeit
vom Wohlwollen der Arbeitgeber. Die unklare gesetzliche Lage, die fehlende
Kontrolle der Einhaltung der wenigen staatlichen, das Dienstpersonal betreffenden Bestimmungen und das grosse Angebot an Arbeitskräften erlaubte es
den Arbeitgebern nach eigenem Gutdünken zu verfahren. Die Südtirolerinnen
waren es von den ebenso ungeregelten Arbeitsbedingungen in Südtirol nicht
anders gewohnt und forderten deshalb kaum Rechte ein. Viele erlebten ihren
Dienst in einem italienischen Haushalt zudem als wesentlich angenehmer
und weniger anstrengend als die Arbeit auf dem elterlichen Hof oder im
Gastgewerbe in Südtirol. Einige fühlten sich auch aufgrund ihrer Südtiroler
Herkunft besonders geschätzt und respektvoll behandelt. Johanna Pamer,