Einleitung: Konservierende Inszenierungen im Vormarsch
Die zyklisch wiederkehrende Urbanisierung des Alpenraumes, die in der Mitte
des 19. Jahrhunderts ihren Anfang nahm, war stets mit einer Übertragung
von soziokulturellen urbanen Strukturen sowie mit einer Zurschaustellung
des technischen Fortschritts verbunden. Fragt man nach Kontinuitäten oder
Brüchen dieser transformativen Gesetzmässigkeiten während der jüngsten
alpinen Landnahme ab den 1980er-Jahren, lässt sich ein Überwiegen der
Kontinuitäten feststellen - naturgemäss an gegenwärtige Ansprüche adaptiert
und mit zeitgemässen Mitteln umgesetzt.
Der wesentliche Bruch vollzog sich in zwei Bereichen: Zunächst, ein verantwortungsvoller Umgang mit den Alpen als Natur- und Kulturlandschaft setzt sich durch, der weitere Gefährdungen dieses einzigartigen Lebensraums verhindern, vielmehr den Weg für angemessene zukünftige Entwicklungen bereiten will. Der zweite Bereich bezieht sich auf das steigende Bedürfnis der Gesellschaft nach inszeniertem Erlebnis. Für die Alpen bedeutet das, dass nicht mehr der Berg an sich als das Naturerlebnis schlechthin genügt, sondern dass das Vorhandene mit Zusatzfunktionen aufgeladen werden muss. Zunehmend stieg jedoch in den letzten Jahren das Bewusstsein, dass die Übertragbarkeit von künstlichen Strukturen einer Erlebniswelt auf die gewachsenen Strukturen einer Naturlandschaft nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Die sogenannte Erlebnisgesellschaft hat sich weiterentwickelt und agiert mit einer veränderten Erlebnisrationalität: Neue Denkmuster werden gefordert, wie «Einzigartigkeit statt Standardisierung» oder «weniger statt mehr».[1] Die Erinnerung an die eigene Geschichte wird Bezugspunkt von Gestaltungen. Eine Strategie, die ich als «konservierende» Inszenierung im positiven Sinn des Begriffs bezeichnen möchte.
Anhand von drei aktuellen Projekten im Alpenraum soll die Forderung nach Authentizität und Spezifität verdeutlicht werden, die das veränderte Wertesystem des gesellschaftlichen Selbstverständnisses stellt: Die touristische Neuorientierung im Weltkurort Zermatt und das Hotel-Dorf Projekt in V na im Unterengadin stellen Beispiele aus der Schweiz dar, aus den österreichischen
Alpen wird die Inszenierung des Dachsteins herangezogen.