Martinolli liess in seinem Testament festlegen, dass von den Kapuzinern in Soazza zehn Messen zu seinem Andenken gelesen werden sollten[54] und in einem 1700 aufgesetzten Testament hinterliess der Wiener Meister Dominicus Tondo der «Lieben Frau vom Berg Camrello» zu Borgone, im Bezirk Locarno gelegen, 2 Golddukaten.[55]
Aufgrund dieser dichten kontinuierlichen Beziehungen können die italienischsprachigen Wiener Rauchfangkehrer bereits im 18. Jahrhundert treffend als transnationale MigrantInnen bezeichnet werden.[56] Sie waren einerseits in die Wiener Stadtgesellschaft integriert und hatten sich dort ein gutes Auskommen geschaffen, andererseits nahmen sie aber auch weiterhin Anteil am gesellschaftlichen und kulturellen Leben in ihren ursprünglichen Schweizer Herkunftsorten. «Die Italiener wurden im fremden Land heimisch, das ihnen Unterhalt gewährte, doch die Verbindung zum Heimatland und ihren Verwandten gaben sie nie auf.»[57] In einer aktuellen Studie zur Rückmigration von Spätaussiedlern in Deutschland wird dieser Transnationalismus als Voraussetzung für eine erfolgreiche Rückkehr gesehen. «Transnationale Migranten unterhalten danach oft persönliche Netzwerke über nationalstaatliche Grenzen hinweg und betreiben Ressourcenmobilisierung innerhalb ihrer transnationalen aufgespannten - oftethnisch strukturierten - Community.»[58]
Die Suche nach exakten Daten über internationale historische Wanderverläufe gestaltet sich schwierig; noch wesentlich seltener sind Informationen über Rückmigrationen in historischen Quellen abgebildet. Insofern können hier nur vereinzelte Beispiele präsentiert werden, die mehr Steinchen eines Mosaiks als einen geschlossenen Forschungsbericht zur Rückmigration der aus der Schweiz stammenden Wiener Rauchfangkehrer darstellen. In den Wiener Handwerksbüchern wurden zwar für viele Lehrlinge, oft auch für Gesellen und Meister,
der Geburtsort oder auch Ort des letzten Aufenthaltes verzeichnet, Angaben zum Wegzug und zur Rückkehr finden sich jedoch kaum. Im gesamten Untersuchungszeitraum wurden in den Zunftbüchern lediglich zwei Jungen vermerkt, die vorzeitig ihre Lehre abgebrochen haben, weil sie wieder nach Hause gereist sind: Johann Baptist Proratio aus Lostallo brach 1747 die Lehre beim Meister Johann Baptist Dezury ab. Denselben Meister verliess ein Karl Via bereits 1745, um in sein Heimatdorf in der Schweiz zurückzukehren.[59] Das in Wien vorliegende Quellenmaterial lässt keine Aussagen zur Rückkehrmigration von Rauchfangkehrergesellen zu. Wie viele der in Wiener Werkstätten beschäftigten Gesellen nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses wieder in die Schweiz gewandert sind, kann hier nicht eruiert werden.