unvorhergesehenen Nebenverdienst. Weiters wird derzeit ein Veranstaltungsprogramm ausgearbeitet, das die Kompetenzen der Bevölkerung mitdenkt. Doch nicht zuletzt beruht das Potenzial des Modells auf einem Zugeständnis an den wichtigsten Lebensnerv der Bewohner: Die Vnàer hängen an ihrem Dorf. Sie begrüssen diese Initiative, da sie ihre enge Verbundenheit mit dem Ort unangetastet lässt. «Denn wir wollen kein St. Moritz und kein Zermatt», bestätigt Linard Mayer, Landwirt und Skilehrer aus Vnà.[7] Im August 2006 fand der Spatenstich zum Umbau des Hauses «Piz Tschütta» statt, für die Umsetzung verantwortlich zeichnen Christoph Rösch und Rolf Furrer.
Der Umbau: Es könnte immer so gewesen sein
Das Engadiner Bauernhaus als spezifische Gebäudeform entwickelte sich
nach 1500. Ausgangspunkt waren Turmhäuser (quadratischer Grundriss) und
Saalhäuser (rechteckiger Grundriss) mit übereinanderliegenden Wohnräumen.
Gemäss dem «Additionsprinzip» wurden im Lauf der Jahrhunderte die weiteren
Räume hinzugefügt, und Wohn- und Wirtschaftstrakt zu einem gemeinsamen
Gebäudekomplex verbunden.[8] «Piz Tschütta» ist solch ein typisches Engadiner Haus, das Wohnen und Arbeiten unter einem Dach vereinigte, und in
dem sich zahlreiche Bauschichten überlagern. Historisch gesichert ist, dass
die Substanz bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht und zahlreiche Umbauten
aus den letzten beiden Jahrhunderten stammen. Rösch und Furrer spielten
die Grundstruktur von diesen jüngsten nutzungsbedingten Einbauten frei.
Und um das Dorfbild nicht zu verändern, blieb der Umbau im Inneren der
Gebäudehülle verborgen.
Ihr Entwurfsansatz erinnert an Traditionslinien, die an die zeitlose architektonische Ordnung anonymer Bauten appellieren: «Das Haus hat unzählige Qualitäten, die trotz des ruinösen Zustands nach und nach sichtbar und spürbar wurden. Das leitete uns im Entwurfsprozess», meint Christoph Rösch.[9] So folgten sie den eingeschriebenen Gesetzmässigkeiten des Hauses zunächst in seiner Vorgabe, die funktionale und strukturelle Trennung der beiden Gebäudeteile beizubehalten, im Inneren aber punktuell Verbindungen durch Blickachsen und Wegführungen zuzulassen. Auf dieser Spurensuche beruhen auch der Umgang mit den Niveaus, die Lichtführung sowie typologische Bezugnahmen. Die unterschiedlichen Ansätze des Umbaus reagieren auf die ehemalige funktionelle Unterschiedlichkeit der beiden Trakte.