mit offenen Armen aufgenommen wurden. Symptomatisch für den Argwohn, dem Rückkehrer ausgesetzt sein konnten, sei hier die Geschichte eines Tirolers erzählt, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach einigen Jahren in den USA in sein Heimatdorf zurückkehrte. Zwar hatte er sich in Amerika genügend Geld erarbeitet, um ein eigenes Grundstück in seinem Herkunftsdorf zu erwerben, dennoch wurde ihm von den Zurückgebliebenen nur ein Baugelände am äussersten Rande des Dorfes verkauft. Ärgernis erregte später auch sein neu errichtetes Hotel, da es entgegen der Tradition im modernen Stil mit Badezimmern ausgestattet war.[20] Derartige Geschichten liessen sich wohl viele erzählen. Sie zeigen, dass Rückkehrer nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch neue Praktiken und Ideen mitbrachten, die Einfluss auf die Ausgangsgesellschaften nahmen.
Weggehende konnten als Verräterinnen, welche die Zurückbleibenden im Stich liessen, oder als HoffnungsträgerInnen, die eine verbesserte Zukunft versprachen, gesehen werden. RückmigrantInnen per se als ProtagonistInnen von Innovationen zu bezeichnen wäre jedoch eine unzutreffende Verallgemeinerung. Dino Cinel etwa beschreibt die aus den USA nach Süditalien Zurückkehrenden als «conservative adventurers».[21] Sie brachten aus Amerika zwar Geld zur Verbesserung ihrer individuellen Situationen mit, gesamtgesellschaftlich liess sich jedoch keine Veränderung von kulturellen oder landwirtschaftlichen Praktiken feststellen.
Im Folgenden soll am Beispiel der Wanderungen von italienischsprachigen Rauchfangkehrern aus Schweizer Alpentälern die dichte Vielfalt eines Hin und Her zwischen Ausgangsraum und Zielregion aufgezeigt werden. Die Wanderungen dieser Tessiner und Graubündner Handwerker hatten eine bis in die frühe Neuzeit zurückreichende Tradition und ihre Routen blieben auch im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erstaunlich stabil. Das Hin und Her der Rauchfangkehrer schuf zwischen der Grossstadt Wien und den alpinen Regionen dichte migrations- und Kommunikationsräume, die dieses Gewerbe über Jahrhunderte prägten.
Italienischsprachige Rauchfangkehrer in Wien
Bereits in der frühen Neuzeit war Wien ein zentraler Anziehungspunkt für Zuwanderer aus allen Teilen Europas. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Stadt zur mit Abstand grössten Stadt Mitteleuropas.[22] Diese